BUND Kreisverband Hersfeld-Rotenburg

Thema: Umgang mit dem Wolf, Interview und Standpunkt, HZ 13.07.

Lesermeinung

Frau Ricken beschreibt in ihrem Standpunkt „Sachliche Diskussion statt Hetze – Den Wolf nicht dämonisieren“ zu Recht die Hetzkampagne, die augenblicklich gegen den Wolf stattfindet. Er wird als blutrünstiges Raubtier dämonisiert. Allerdings haben daran die Redaktionen von HNA und HZ einen erheblichen Anteil.

Seit Monaten wird gegen die Rückkehr des Wolfes gehetzt und die Regulierung – damit ist letztlich der Totalabschuss gemeint – gefordert. Die ist ganz im Sinne der Jägerschaft und des Landesjagdverbandes: Mit dem Ziel Angst und Panik in der Bevölkerung zu verbreiten, um die Menschen aus dem Wald und Pachtrevieren fernzuhalten sowie den Wolf als angeblichen Jagdkonkurrenten wieder loszuwerden.

Das ist bereits gelungen. Ich werde als Forstbeamter und Wolfsberater zunehmend von Bürgern gefragt, ob sie überhaupt noch gefahrlos im Wald spazieren gehen können. Zunehmend muss ich die Menschen beruhigen. Jeder kann nach wie vor den Wald gefahrlos zur Erholung aufsuchen!

Wölfe suchen keinen Kontakt zu Menschen. Wölfe haben Besseres zu tun und stellen keine Gefahr für Menschen dar. Ein Zeckenbiss oder der Straßenverkehr stellen ein weitaus höheres Risiko dar. Auch wenn man im Rahmen der Berichterstattung einen anderen Eindruck haben könnte. Würde man diesen Aussagen Glauben schenken, dürfte die Hälfte der Försterinnen und Förster schon gar nicht mehr leben.

Frau Ricken weist zu Recht darauf hin, dass es im Jahr 2022 in Hessen lediglich elf Übergriffe auf Nutztiere gab. Auch bei höheren Angriffen in anderen Bundesländern sollte man diese Zahlen ins Verhältnis setzen, so belastend es im Einzelfall für den Tierbesitzer auch ist. Nach Angaben der Hessischen Tierseuchenkasse wurden im Jahre 2021 20 865 Kälber, 13 448 Schafe und 2916 Ziegen (einschl. Lämmer) als Falltiere (Abfall!) entsorgt. Nach wie vor werden hunderttausende von Schafen und Rindern ohne ein kritisches Wort des Bauernverbandes und der Schäfer als Lebendtransporte per Lkw und Schiff aus und durch Deutschland in die Türkei und in den Libanon geschafft. (...)

Gerade beginnt die Urlaubszeit. Viele verreisen in ferne Länder wie Kenia, Tansania, Namibia, Südafrika oder Indien, um dort die Raubtiere wie Löwen, Leoparden oder Tiger aus dem offenen Geländewagen zu beobachten und zu fotografieren. In Indien gibt es mittlerweile wieder mehr als 3000 Tiger.

Konflikte mit Weidetieren stehen dort auf der Tagesordnung. Dort erwarten wir von den Einwohnern, dass diese Elefanten Löwen, Leoparden oder Tiger schützen und mit diesen Tieren leben.

Dort leisten die Menschen weitaus mehr gegen das gigantische Artensterben und den Verlust unserer Lebensgrundlagen als wir.

Jörg Althoff, Ludwigsau


Quellenangabe: Hersfelder Zeitung vom 20.07.2023, Seite 5